Freitag, 28. Oktober 2011

FanFiktion von Yaten Kou (Halloween)

Süßes oder Saures


Es war bereits Nachmittag als ich mit meinen vollgepackten Einkaufstaschen die Tür zu unserem Appartement aufstieß. Vor Schreck hätte ich die ganzen Sachen beinahe fallen gelassen, denn unsere Wohnung hatte sich innerhalb der letzten beiden Stunden so dermaßen verändert, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten.

Überall hingen künstliche Spinnennetze, Fledermäuse, Gespenster und anderes gruseliges Zeugs herum. Der Boden war hier und dort mit Kürbissen verziert. Ich runzelte die Stirn, ging schnellen Schrittes in die Küche und stellte dort die Einkaufstaschen auf dem Küchentisch ab. Mein nächster Weg führte zum Kalender und als ich das Datum las, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte mich schon gefragt, warum so viele Kinder auf der Straße mit Kostümen herumliefen. Jetzt war alles klar – es war Halloween.

Ich ging nochmal ins Wohnzimmer und war erstaunt, was meine beiden Brüder während meiner zweistündigen Abwesenheit so alles auf die Beine gestellt hatten. Genervt ließ ich mich in den Sessel fallen. Der Abend würde heute verdammt stressig werden. Es würde ununterbrochen klingeln und wenn man dann die Türe aufmachte, würden kleine, verkleidete Rotzbengel davorstehen und „Süßes oder Saures“ schreien. Prima. Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen. Meine Gedanken trieften vor Ironie.

Es wäre ja noch halb so wild gewesen, wenn meine zwei Brüder da gewesen wären, um die Rotzlöffel mit Süßigkeiten zu versorgen, aber nein, die beiden waren oben im Bad und kostümierten sich selbst, damit sie heute Abend durch die Straßen ziehen konnten. Sie mochten Halloween – im Gegensatz zu mir.

Wie erwartet stolperten Seiya und Taiki wenige Augenblicke später die Treppen herunter. Mit einem genervten Blick sah ich die Beiden von oben bis unten an, für solchen Kinderkram hatte ich überhaupt kein Verständnis. Meine Brüder verabschiedeten sich von mir und ließen mich somit mit den kleinen Monstern allein, die da gleich noch kommen würden. Ich seufzte, das würde bestimmt gaaaaaaaanz toller Abend werden.

Langsam ging ich zurück in die Küche, verstaute die Einkäufe in den Schränken und bewaffnete mich mit einer Tüte Popcorn, bevor ich zurück ins Wohnzimmer ging. Ich legte eine DVD in den Player und machte es mir vor der Glotze bequem. Es hätte so ein schöner Abend werden können, wenn es nicht schon fünf Minuten nach Filmbeginn an der Türe geklingelt hätte.

Ich rollte mit den Augen, stand aber dennoch auf, griff in die Schüssel mit den Süßigkeiten – gefüllt mit kleinen Tütchen Gummibärchen und ähnlichem – und bewegte mich anschließend zur Türe. Mit einer schnellen Handbewegung öffnete ich diese und schon sah ich die ganzen kleinen Gruselgestalten, die lauthals nach Süßem oder Saures schrien. Ruck zuck stopfte ich ihnen etwas in ihre Tüten und warf augenrollend die Türe wieder zu.

Gerade saß ich wieder auf meinem Hintern und drückte auf die Taste der Fernbedienung, damit der Film weiterlief, als es erneut klingelte. Wieder griff meine Hand nach den Süßigkeiten. Im Schnellschritt lief ich zur Türe, riss diese auf, knallte den Kindern die Süßigkeiten hin und fragte sie in einem schreienden Ton, ob sie keine anderen Hobbies hätten.

Die Türe flog wieder krachend ins Schloss. Ich war noch nicht ganz im Wohnzimmer zurück, als es schon wieder klingelte. Jetzt hatte ich die Faxen dicke. Ich fasste einen Plan. Anstatt zu öffnen, begab ich mich die Treppen nach oben und betrat Seiyas Zimmer. Dort musste es irgendwo liegen – das was ich suchte. Nun war ich am Drücker und würde zurückschlagen. Ich ließ mir doch nicht von ein paar kleinen Rotzlöffeln die Nerven kaputt machen.

Nach kurzem Kramen in dem Kleiderschrank meines Bruders, zog ich ein Vampirkostüm hervor. In einer Schublade fand ich weitere Dracula-Accessoires, sowie ein wenig Theaterschminke. Mit meinen gesammelten Utensilien begab ich mich ins Bad und positionierte mich vor dem Spiegel.

Ich tauchte den dicken Pinsel in die weiße Pampe, was sich in Fachkreisen Theaterschminke schimpfte, und verteilte diese auf meinem Gesicht. Anschließend malte ich mir mit einem schwarzen Stift dicke Augenring und schwarze Schatten ins Gesicht. Ich griff zu einem Kamm, der auf dem Wachbecken lag, und kämmte meine Haare glatt nach hinten, bevor ich mir dir schwarze Perücke auf den Kopf setzte. Man, sah ich scheiße aus, aber es würde mit Sicherheit seinen Zweck erfüllen.

Ich setzte mir die Vampirzähne ein und benutze anschließend die Blutkapseln, damit die rote Brühe auch schön aus meinen Mundwinkeln lief. Jetzt fehlte nur noch das Kostüm, in welches ich auch wenige Augenblicke später reinschlüpfte. Zum Schluss setzte ich mir noch gelbliche Kontaktlinsen ein, die ich ebenfalls in einer Schublade gefunden hatte. Schnell fasste ich mir noch ein Accessoire – ein abgehackter Kopf aus Gummi, aber täuschend echt aussehend – unter den Arm und lief die Treppe hinunter.

Wie der Zufall es wollte, klingelte es in diesem Moment bereits wieder an der Türe. Hämisch grinsend rieb ich mir die Hände, bevor ich mit ernster Miene an die Türe trat und diese öffnete. Ich sah die entsetzen und ängstlichen Mienen der Kinder, als sie mich erblickten. Die Worte „Süßes oder Saures“ auszusprechen trauten sie sich schon garnicht mehr.

Mit düsterer, dunkler Stimme ergriff nun ich das Wort. „Willkommen in Reich der Toten“, raunte ich und hielt ihnen mein Accessoire entgegen, worauf die kleinen Rotzbengel schreiend und kreischend davonliefen. Ich schloss die Türe wieder und bekam einen Lachanfall. Diese Kostümierung schien ihre Wirkung zu zeigen.

Kurz betrachtete ich mich an der Flurgarderobe im Spiegel. Ich sah aber auch wirklich zum Fürchten aus. Breit grinsend ging ich nun wieder ins Wohnzimmer. Auch wenn es heute noch öfter klingeln sollte, ich würde mit Sicherheit voll auf meine Kosten kommen.

Special Halloween

Samstag, 1. Oktober 2011